Renate Matthei 2018

Renate Matthei

Verlegerin und Förderin von Komponistinnen

Renate Matthei
Foto: Mario Zgoll
Dank Renate Matthei sind viele Komponistinnen heute sichtbar und ihre Werke, die verschollen waren oder in Kisten auf Dachböden verstaubten, sind endlich verlegt. Dadurch sind sie der Öffentlichkeit zugänglich und können aufgeführt werden. Denn es gibt tatsächlich viel mehr Komponistinnen als noch vor 30 Jahren denkbar war. Renate Matthei hatte den Mut, bereits 1986 den Verlag Furore exklusiv für Werke von Komponistinnen zu gründen.
Leidenschaft und furor (Ärger) waren die treibenden Kräfte, die Renate Matthei zu diesem Verlagsnamen und riskanten unternehmerischen Schritt veranlasst haben. Und wohl auch die Lust, die Verlagswelt etwas aufzumischen und herauszufordern.

Furore ist noch immer der weltweit einzige Verlag, der ausschließlich Werke von Komponistinnen – von der Blockflöte bis zur Oper – verlegt.

Nun ist aus diesem wagemutigen Beginn, sich mit musikalischen ‚Exotinnen‘ als Unternehmerin am Markt zu behaupten, ein Lebenswerk geworden. Mehr als 2.000 Werke von über 170 musikschaffenden Frauen aus Europa, Amerika, Asien, Australien sind verlegt. Sie finden im Furore Verlag einen Ort, von dem aus sie in die ganze Welt ausstrahlen. Denn die Noten-Sprache ist international und ermöglicht es, die Werke ohne Übersetzung weltweit aufzuführen. Die internationale Verbreitung ist für das ‚Überleben‘ des Verlags wichtig.

Und: „Es gibt ungeheure Schätze zu heben“, sagt Renate Matthei. „Was die Gleichberechtigung von Frauen in der Musik angeht, stehen wir immer noch am Anfang!“

Renate Matthei hat die tradierte Vorstellung, dass Frauen nicht komponieren können, gründlich vom Tisch gefegt.

Verbreitung der Werke von Komponistinnen

Renate Matthei verlegt nicht nur die Werke von Komponistinnen, sondern sorgt über ihre Verlagsmedien und durch vielfältige Kooperationen auch dafür, dass die Werke bekannt gemacht und aufgeführt werden und dies auf vielfältige einfallsreiche Art und Weise, z. B. über

  • musikalische Wettbewerbe in Schulen und Hochschulen, die sie mehrfach bereits initiiert und organisiert hat,
  • den internationalen Wettbewerb „Aufbruch“ für Komponistinnen 2017, bei dem die preisgekrönten Werke durch das Blechbläserquintett des Heeresmusikkorps Kassel uraufgeführt wurden,
  • die Konzertreihen „Im Atem der Zeit“ und „Rothenditmolder Konzerte“,
  • weitere musikalische Veranstaltungsformate, z. B. auf Neujahresempfängen ihres Verlags,
    die Verlagszeitschrift „Tableau Musical“,
  • Teilnahme an nationalen und internationalen Messen, Ausstellungen und Symposien.

Bereits fünfmal erhielt der Furore Verlag den Deutschen Musikeditionspreis „Best Edition“ für ausgewählte Notenausgaben in den Kategorien Faksimile, wissenschaftliche Editionen und Editionen des 20./21. Jahrhunderts.

Herausragendes frauen-kulturpolitisches Engagement

  • Renate Matthei ist neben ihrer Verlagsarbeit vielseitig frauen- und kulturpolitisch engagiert. Ihr feministisches Verständnis zeigt sich seit vielen Jahren beispielsweise durch folgende Aktivitäten: Sie war
  • über 20 Jahre Vorstandsmitglied des Internationalen Arbeitskreises „Frau und Musik“.
  • Mitbegründerin und Vorstandsmitglied des Kasseler Kultur Forums. Sie war Initiatorin und ist Organisatorin des Kasseler Kultursalons. Beide Institutionen bieten Künstler/innen eine Bühne, mit einem interessierten Publikum in Kontakt zu kommen.
  • Mitbegründerin des Kasseler Bücherherbstes.
  • Mitbegründerin und weiterhin Vorstandsmitglied des Vereins artisan zur Förderung von Kunst und Kultur in Rothenditmold und Nord-Holland.
  • Mitglied der Gesellschaft der Freunde der Musikakademie Kassel e. V.
  • im Gründungsvorstand der Frankfurter Stiftung maecenia für Frauen in Wissenschaft und Kunst, die sich der Förderung von Frauen verschrieben hat, die zukunftsweisende Projekte auf allen Gebieten der Wissenschaft, Kunst und Kultur verfolgt.
  • Gründungs- und Vorstandmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Hessen für Frauen in Kunst und Kultur e. V., die die Studie „Wo sind die Frauen? Preise und Auszeichnungen im Bereich Kunst und Kultur des Landes Hessen 1996-2000” herausgegeben hat.
  • „Mit der Kraft der Musik gegen Krieg, Terror und Gewalt“ lautete das Motto des Benefizkonzerts im Mai 2018 des Soroptimist Clubs Kassel – Elisabeth Selbert i. Gr., deren Präsidentin Renate Matthei ist.

Renate Matthei als Unternehmerin-Persönlichkeit

Renate Matthei leitet seit vielen Jahren neben dem Furore Verlag drei weitere Verlage und dies ist ebenfalls einzigartig. Es sind dies der Merseburger Verlag, der älteste evangelische Kirchenmusik-Verlag und seit 2007 der Pan-Verlag mit Grenzland-Edition für Alte Musik, jüdische Musik u.a.m. sowie der euregio-Verlag, der Kassel, Hessen und Europa in Kultur, Kunst und Geschichte verbindet, z.B. mit einer Veröffentlichung über Elisabeth Selbert, der wir den Art. 3 zur Gleichstellung von Frau und Mann im Grundgesetz verdanken.

Auch in diesen Verlagen fördert sie Künstler*innen, Komponist*innen, Interpret*innen und Autor*innen und sichert gleichzeitig die speziellen musikalischen Traditionen sowie die gegenwärtige Kultur und Musik.

Wegmarken

Renate Matthei wurde 1954 geboren. Sie hat Betriebswirtschaft studiert und beweist neben dem riskanten Furore-Erstling von 1986 ihr unternehmerisches Können mit drei weiteren Verlagen. Alle diese Verlage sind aufgeschlossen für die Werke von und über Frauen und befassen sich mit vielen Facetten der Musik, von der musikalischen Früherziehung, Musiktheorie, Musik aus früher Zeit.

Für ihre großartigen kulturellen und kulturpolitischen Aktivitäten erhielt Renate Matthei

  • 2012 das Bundesverdienstkreuz und
  • 2015 den Förderpreis der Soroptimist Deutschland: „…weil sie das Werk vieler Komponistinnen gerettet hat“ (Soroptimist 2015).

Renate Matthei lebt in Kassel, wo sich auch die Verlage befinden. Sie ist in der Musikwelt international vernetzt und darüber hinaus frauen- und kulturpolitisch engagiert. Renate Matthei ist eine Visionärin, die ihre Vorstellung einer Kultur von Frauen und einer Kultur für alle genial in die Tat umsetzt, indem sie die Musik von Komponistinnen tradiert und für ein breites Publikum lebendig werden lässt.

Publikationen aus dem Verlagsprogramm (Auswahl)

Mayer, Clara (Hg.): Buchreihe: Annäherung an sieben Komponistinnen Band I bis Band XIII

Hans Eichel/Barbara Stolterfoth (Hg.): Elisabeth Selbert und die Gleichstellung der Frauen. Eine unvollendete Geschichte. Euregioverlag 2015

Furore-Komponistinnen, die man kennen sollte

Nr. 1: Fanny Hensel, geb. Mendelssohn Bartholdy
* 14.11.1805 in Hamburg † 14.05.1847 in Berlin
Fanny Hensel ist die bekannteste Komponistin der Romantik. Ihre Werke werden weltweit gefeiert.

Nr. 2: Emilie Mayer
* 14.05.1812 in Friedland † 04.10.1883 in Berlin
ist eine der bemerkenswertesten deutschen Komponistinnen des 19. Jahrhunderts. Sie wagte es, mit einer 5. Sinfonie in Konkurrenz zur männlichsten aller Sinfonien des männlichsten Komponisten zu treten.

Nr. 3: Barbara Strozzi
* 06.08.1619 in Venedig † 11.11.1677 in Padua
war eine der berühmtesten Komponistinnen des 17. Jahrhunderts.

Nr. 4: Mel(anie) Bonis
* 21.01.1858 in Paris † 18.03.1937 in Paris
gehört zu den schöpferischen Musikerpersönlichkeiten der Jahrhundertwende, deren Kompositionen aus dem Bewusstsein der Musikszene verschwanden.

Nr. 5: Ethel Smyth
* 23.04.1858 in Sidcup † 08.05.1944 in Woking
setzte sich ihr Leben lang für Frauen und deren Rechte ein. Sie komponierte den March of the Women, der zur Hymne der Suffragetten wurde.

Nr. 6: Ruth Schonthal
* 27.06.1924 in Hamburg † 11.07.2006 in Scarsdale, New York
Die Einzigartigkeit ihrer Werke besteht in der Verschmelzung von Stilmitteln der europäischen Musiktradition, der mexikanischen Volksmusik, der Aleatorik und der Minimal Music.

Nr. 7: Vivienne Olive
* 31.05.1950 in London
Komponieren ist für Vivienne Olive die subjektive Möglichkeit, sich auszudrücken. Im Zentrum ihrer Botschaft stehen „die Gefühle um die Seele des Publikums“.

Nr. 8: Florentine Mulsant
* 27.03.1962 in Dakar
Für die überaus erfolgreiche französische Komponistin war Musik studieren zu können, „ein Akt der Freiheit.“

Nr. 9: Claudia Montero
* 25.06.1962 in Buenos Aires
Die argentinische Komponistin gewann bereits zwei Mal den Latin Grammy: Best Classical Contemporary Composition Preis.

Nr. 10: Snezana Nesic
* 1972 in S. Palanka/Serbien
Die vielfach ausgezeichnete serbische Komponistin glaubt „fest an die fast körperlich heilende Wirkung der spannenden musikalischen und theatralischen Momente.

https://furore-verlag.de/