Elisabeth Gemein

Elisabeth Gemein – Preisträgerin 2012

Elisabeth GemeinSchulleiterin i.R. des Mädchengymnasiums Essen Borbeck

Elisabeth Gemein ist eine typische Frau des Ruhrgebiets mit einer ungewöhnlichen Berufsbiografie. Gestartet als Volksschullehrerein beendete sie ihre Berufskarriere als erfolgreiche Schulleiterin des Mädchengymnasiums in Essen-Borbeck.

Elsabeth Gemein war eine erfolgreiche Schulleiterin, weil sie selbst von ihrer Schule begeistert ist und diese Identifizierung im Kollegium und bei den Schülerinnen kompetent gefördert hat. Mädchen stärken war ihr Programm und das Resultat lässt sich an den Erfolgen dieser Schule ablesen.

Die Stiftung Aufmüpfige Frauen zeichnet Elisabeth Gemein aus, weil sie dem einzigen öffentlichen Mädchengymnasium in Nordrhein-Westfalen – wider den Zeitgeist – einen exzellenten Ruf verschafft hat. Die Schule stößt auf große Resonanz im Stadtteil, die Anmeldungen sind steigend und die interne Stimmung ist ausgezeichnet, von Burnout und Langeweile keine Spur.

Frau Gemein ist aufmüpfig, weil sie gegen den Zeitgeist pädagogisch professionell eine moderne Konzeption des Mädchengymnasiums entwickelt und an ihr festgehalten hat. Sie hat paradoxerweise gezeigt, dass Monoedukation nicht nur die Mädchen fördern, sondern darüber hinaus die Schule im Wettbewerb mit anderen hervorragend profilieren kann.

Motivierende Personalführung und Professionalisierung der Leitungsfunktion

Elisabeth Gemein hat ein schulisches Umfeld geschaffen, in dem moderne Führungsinstrumente die Basis für gute Zusammenarbeit und Eigenmotivation bilden. Um eine gute Arbeitsatmosphäre herzustellen, hat sie als Schulleiterin an Fortbildungen zur Personalführung und Organisationsentwicklung teilgenommen, u.a. zu Konfliktmanagement, Konferenzleitung, Gesprächsführung, Schulklima, um entsprechende Kompetenzen zu erwerben. Zu ihrem Leitungskonzept gehört es, die Kollegen und Kolleginnen zu beraten und zu fördern, Weiterbildungsangebote durchzuführen, die Zusammenarbeit zu stärken, Ziele zu vereinbaren, Aufgaben zu delegieren, Fortschritte zu kontrollieren und Rückmeldung zur Arbeit zu geben.

„Private Zeit gab es wenig in den letzten Jahren, aber das war nicht schlimm, da ich die Arbeit als erfüllend empfunden habe“.
Ella Gemein über ihre Zeit als Schulleiterin des Mädchengymnasiums in Essen Borbeck

Frau Gemein ist frisch im Ruhestand. Sie wandert gern mit Rucksack von Ort zu Ort und liest klassische und zeitgenössische Romane, wozu sie jetzt vielleicht etwas mehr Zeit haben wird, aber wer weiß. Es warten viele andere Aufgaben in der Beratung und Weiterbildung in der Lehrer/innenbildung auf sie.

Dieses Mädchengymnasium ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass eine Konzentration auf die Mädchen ohne den ständigen Vergleich und die Auseinandersetzung mit den Jungen das Fähigkeitsspektrum der Schülerinnen erweitern kann und entgegen der vorherrschenden These von der Dramatisierung des Geschlechts eher eine Entdramatisierung bewirkt.

Die Stiftung zeichnet Frau Gemein aus, weil …

  • sie in einer Weise aufmüpfig ist, die weder auftrumpft noch aneckt und erstaunlich wenig eitel ist.
  • ihre Aufmüpfigkeit für viele erst auf den zweiten Blick erkennbar ist: An ihrer Eigenständigkeit und Hartnäckigkeit, ihrer Bescheidenheit und Zielorientiertheit.
  • weil sie sich pädagogisch gezielt auf die Mädchen konzentriert hat und dies in einem Stadtteil mit hohem Anteil an Arbeiter/innen- und Migrant/innentöchtern, deren Selbstbestimmung, Lebens- und Integrationschancen sie verbessert hat.

Vorbildlich ist Elisabeth Gemein, weil sie als Schulleiterin ihrem Kollegium das ‘Projektvirus’ hinterließ, z. B. mit dem Projekt „MUM-Mädchen unterrichten Mädchen“. In dem Programm „JUNIOR – Schüler gründen eine Firma wurden die Schülerinnen mit der Geschäftsidee „cre-o-la“ Europa-Sieger 1999 und mit der Geschäftsidee „metallic-art“ Deutschland-Sieger 2000. Seit dem Schuljahr 2011/2012 nimmt das MGB am internationaler Klimaschutzprojekt „Jugend denkt um.welt“ teil und im Sommer 2012 wurden Schülerinnen zur Klima-Konferenz nach Rio eingeladen.

Das Mädchengymnasium (MGB) ist eine „Essener Europaschule“, die den Schülerinnen einen Blick über die Schule hinaus ermöglicht.

Eine gute Schule zeichnet sich für Ella Gemein durch die motivierte Arbeit ihrer Schülerinnen, Lehrer/innen und Eltern aus.

Mit ihrem Konzept und ihrer Professionalität ist es ihr gelungen, eine Organisationskultur zu schaffen, die die Potenziale aller Beteiligten fördert. In dieser Schule herrscht ein freier, kreativer Geist mit engagierten Lehrer/innen, Schülerinnen und Eltern, wie sie allen Schulen zu wünschen wären.

Frau Gemein kümmerte sich besonders um die Berufs- und Studienwahlentscheidung der Mädchen:

  • Sie entwickelte ein umfassendes Konzept der Berufswahlorientierung, das in der Mittelstufe beginnt und die Lebensplanentwürfe der Mädchen unterstützt.Sie initiierte das Oberstufenpraktikum lange vor seiner verbindlichen Einführung.
  • Sie baute die Zusammenarbeit mit der Essener Universität („Schnupperstudium“, Angebote für Mädchen, Methodenlernen, Begabungsförderung) und Kontakte mit der Essener Wirtschaft auf.
  • Sie hat das pädagogische Konzept der Mittelstufe neu gestaltet, um Motivations- und Leistungseinbrüche bei den Mädchen zu verhindern. Stichworte hierzu sind: Projektarbeit, Orientierungshilfen, Interessenförderung, Teambildung, Stärkung des Selbstkonzepts.

Frau Elisabeth Gemein hat zwei Tagungen des Vereins „Frauen und Schule“ gestaltet: „Was ist eine gute Schule?“ im Mädchengymnasium Essen-Borbeck, Mai 1992, Veröffentlichung: Maria Anna Kreienbaum (Hg.): Was ist eine gute Schule? Deutschen Studienverlag 1993 und „Schule lebendig gestalten“ – reflexive Koedukation in Theorie und Praxis im Haus Villigst in Schwerte, September 1998, Veröffentlichung: Maria Anna Kreienbaum (Hg.): Schule lebendig gestalten, Kleine Verlag Bielefeld 1999).

Ihr Engagement im Verein „Frauen und Schule“ und der Organisation von zwei Tagungen zeigt, dass sie ihr Schulprojekt in wissenschaftliche und feministische Diskussionen über Schule eingebunden hat.

Frau Gemein erfüllt in wunderbarer Weise die Zielsetzungen unserer Stiftung. Sie ist eine vorbildliche Schulleiterin und Bürgerin, die das soziale Umfeld ihrer Schule und die vorgesetzte Behörde kommunikativ einbezieht, und damit dem Bildungssystem in NRW einen eigenen Stempel aufgedrückt hat.

Sie ist eine Frau mit Humor und feinem Witz, ruhig und doch immer in Bewegung, die ihrem Kollegium und den Schülerinnen viel Freiraum gelassen und Zutrauen in selbständiges Denken gegeben hat.

Daten zum Lebenslauf

1952-1956 katholische Volksschule Berliner Straße, Essen

1956-1962 Städtische Realschule für Mädchen, Essen-West (Bertha-Krupp-Realschule)

1962-1965 Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Gymnasium der Stadt Essen bis zum Abitur

1965-1967/68 Studium an der Pädagogischen Hochschule Ruhr/Abtl. Essen

1968 1. Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen

1969 Zusatzprüfung Englisch für das Lehramt an Volksschulen

1970 2. Staatprüfung für das Lehramt an Volksschulen

1970/71 Aufbaustudium Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ruhr/ Abtl. Essen

1971-1974/75 Studium der Germanistik an der Ruhr-Universität Bochum

1974 1. philologische Staatsprüfung (Deutsch und Pädagogik)

Berufliche Laufbahn

ab 01.04.1968 Lehrerin an der Volksschule Kronenbergschule, Essen-Westdann

1968 Wechsel zur Hauptschule an der Dechenstraße, Essen-West

1974 – 1975 Wechsel zur Hauptschule an der Hüttmannstraße, Essen-Westab

01.08.1975 Städtisches Mädchengymnasium Essen-Borbeck

1978 Ernennung zur Studienrätin

1989 Ernennung zur Studiendirektorin als ständige Vertreterin des Leiters des voll ausgebauten Gymnasiums

1989-2011 Leitung der Schule

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