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Ein kollektives Versprechen: fortführen, was Sigrid Metz-Göckel begonnen hat – feministisch, zugewandt, mutig – und aufmüpfig


Zur Gedenkfeier für Sigrid Metz-Göckel im Rathaus der Stadt Dortmund

Gedenkfeier für Sigrid Metz-Göckel; Foto: Andreas Buck

Am Freitag, den 4. April 2025, wurde im Dortmunder Rathaus der im Februar verstorbenen Wissenschaftlerin, Stifterin, Netzwerkerin, Frauen- und Geschlechterforscherin Prof. Dr. Sigrid Metz-Göckel gedacht. Menschen aus verschiedenen Lebens- und Arbeitsbereichen verabschiedeten sich von ihr und überlegten, wie ihre Ideen hin zu einer feministisch konturierten geschlechtergerechten Gesellschaft weitergetragen werden können – hatte Sigrid Metz-Göckel doch allen als Motto mit auf den Weg gegeben: „Die Gesellschaft braucht eine konstruktive Aufmüpfigkeit, die stärker ist als Wut.“ Auch dem Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal, der die Veranstaltung eröffnete, war Sigrid Metz-Göckel als Frauen- und Geschlechterforscherin seit seinem Studium ein Begriff. Später kam es zu einem engeren Austausch, als es um die Förderung des Dortmunder Stiftungswesens ging, das Sigrid Metz-Göckel seit 2004 mit ihrer eigenen Stiftung Aufmüpfige Frauen bereicherte.

Maresa Feldmann, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Dortmund, sprach für den Vorstand, das Kuratorium und den Förderverein dieser Stiftung: Selbstverständlich ginge es bei dieser Gedenkfeier darum, das Wirken von Sigrid Metz-Göckel zu würdigen, doch weniger im stillen Rückblick denn als Aufruf, das fortzusetzen, was sie begonnen habe – klar, klug, bestimmt und stets freundlich zugewandt. Angesichts gegenwärtiger Angriffe gegen Geschlechtergleichheit, Gleichstellungspolitik, Wissenschaftsfreiheit müsse ihre Aufmüpfigkeit zu einer politischen Richtschnur für unser feministisches Selbstbewusstsein, kritisches Denken und gesellschaftliches Handeln werden. In Vertretung des ersten Vorstands der Stiftung Aufmüpfige Frauen ließ Prof. Dr. Felicitas Sagebiel die Anfänge der Stiftung noch einmal lebendig werden: Oft ging es bei den Vorstandstreffen hoch her, es wurde – wie in der autonomen Frauenbewegung üblich – laut und lebhaft gestritten, doch zugleich wurden auch Lösungen entwickelt, gern genussvoll mit Speis und Trank.

Sigrid Metz-Göckel, 1949 im oberschlesischen Klein Peterwitz geboren, kam nach einem Studium in Frankfurt a.M. und Gießen 1976 an die heutige TU Dortmund. Bis 2005 war sie Leiterin des Hochschuldidaktischen Zentrums und initiierte dort die hochschulpolitische Frauenbewegung in Nordrhein-Westfalen. Von dieser Frauenbewegung, die zum heutigen, vom Wissenschaftsrat anerkannten Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW führte, berichtete Prof. Dr. Anne Schlüter, Wegbegleiterin seit der ersten Stunde. Prof. Dr. Ursula Müller lernte Sigrid Metz-Göckel auf einer Gartenparty kennen, eine körperlich zart wirkende junge Frau im weißen Hosenanzug und mit sanfter Stimme, noch dazu blond. Sie war mit dem Aufbau eines neuen Forschungsbereichs betraut, zu einem Zeitpunkt, als der Frauenanteil an den Professuren unter 5% lag, was die Einzigartigkeit und Unwahrscheinlichkeit dieser Erscheinung vorstellbar macht. Beide erinnerten sie als Pionierin der Frauen- und Geschlechterforschung in Deutschland, als mutige Kämpferin in der Wissenschaftspolitik und für Frauen in der Wissenschaft, als geschätzte Kollegin und stärkende Freundin in der zutiefst patriarchalen Institution Universität.

Heutige mediale Möglichkeiten machen es möglich: Eine Videoeinspielung über zwei große Bildschirme am Bühnenrand ließ Sigrid Metz-Göckel wieder unter uns sein, mit ihrer Gestik, Mimik, mit ihrer Stimme und der Art zu formulieren. Sie berichtete pointiert und emphatisch von den politisch-kritischen Anfängen der Wissenschafts- und Hochschulforschung an der TU Dortmund, und wie diese mit Fragen nach Frauen in der Wissenschaft verknüpft waren (https://www.wihoforschung.de/wihoforschung/en/background/60-years-of-research/60-years-of-research_node.html). Angesichts der seit Covid 19 zunehmend eingeübten Ausrichtung unserer Sinne auf Online-Kommunikation eröffnete dieser Einspieler einen ganz eigenen Raum voller Authentizität und Nahbarkeit.

Im Anschluss gab es eine Podiumsdiskussion, die von der Münsteraner Moderatorin Andrea Blome geleitet wurde: Auf der Bühne saß Regina Hunschock, eine ehemalige Studentin, die zusammenfasste: „Etwas Besseres, als Sigrid kennenzulernen, konnte mir nicht passieren. Das hat mein Leben verändert.“ Marion Kamphans, langjährige Mitarbeiterin von Sigrid Metz-Göckel und heute Professorin an der Hochschule RheinMain, gab Einblicke in die spezifische Förderung, die ihr zuteil wurde. Mit Kristina Hänel und Dr. Sławomira Walczewska reflektierten zwei Preisträgerinnen der Stiftung Aufmüpfige Frauen ihre jeweilige Aufmüpfigkeit: So die Ärztin für Allgemeinmedizin Kristina Hänel, die 2022 zu den Preisträgerinnen gehörte: Sie kämpfte bis zum Verfassungsgericht gegen den §219a und setzte sich in der Kommission der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe zum Schwangerschaftsabbruch für eine fachübergreifende Versorgung von Frauen ein, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen. Die polnische Philosophin und Aktivistin Sławomira Walczewska wurde 2008 als polnische Feministin geehrt. Sie blieb seitdem eng mit Sigrid Metz-Göckel verbunden und erinnerte das spezifische Verhältnis, dass diese zu Polen pflegte: In Oberschlesien geboren hatte Sigrid als Kind noch Polnisch gesprochen. Später begann sie, es wieder zu lernen. Es gab in ihrem Denken von Deutschland und Polen, so Walczewska, keine nationalstaatlichen Grenzen, sondern nur fließende Übergänge.

Bei der Gedenkfeier wurden die posthum im Barbara Budrich Verlag erschienenen Lebenserinnerungen: „Wie ich lernte, aufmüpfig zu sein. Lebenserinnerungen einer Pionierin der Frauen- und Geschlechterforschung“ vorgestellt. Sigrid Metz-Göckel hatte das Manuskript noch aus dem Hospiz heraus freigegeben.

Die dichte Atmosphäre der Gedenkfeier wurde nicht zuletzt geschaffen durch die musikalische Gestaltung von Freya Deiting an der Geige und Sandra Wilhelms an der Konzertgitarre. Ihre Musikstücke rahmten die Trauer und ließen Erinnerungen schweifen. Als die Musikerinnen vom Duo Aciano zum Abschluss eine Fotostrecke mit Bildern aus dem wissenschaftlichen Leben von Sigrid Metz-Göckel musikalisch unterlegten, war vereinzelt Schniefen und Schnupfen zu hören.

Vorstand und Kuratorium der Stiftung Aufmüpfige Frauen, Förderverein der Stiftung Aufmüpfige Frauen und Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund