2012 Rede Elisabeth Gemein

Rede Elisabeth Gemein, Preisträgerin

21. September 2012
in der Bürgerhalle des Rathauses der Stadt Dortmund

Liebe Anwesende,

Preisträgerin Elisabeth Gemeinich möchte meine Antwort beginnen mit einem Dank an all jene, die mir heute so viel Ehre und Anerkennung zukommen lassen.

Liebe Frau Professor Dr. Metz-Göckel, danke für diese Nominierung, die Sie und der Stiftungsvorstand vorgenommen haben und die eine große Auszeichnung bedeutet.

Liebe Maria Anna, danke für deine wohlwollend wertschätzende Rede.

Bedanken möchte ich mich aber auch bei weiteren Personen, die meine schulische Arbeit nicht nur unterstützt und begleitet, sondern auch zu weiten Teilen erst ermöglicht haben. Chronologisch müsste ich beginnen mit liebevollen Eltern, einer innigen Beziehung zu einer älteren Schwester, positiven Schulerfahrungen und Lernerfolgen durch meine Lehrer/innen.

Daran schließt sich an: die mich fördernden und fordernden Personen im Studium und in der Unterrichtstätigkeit. Damit meine ich nicht nur die Dozent/innen, Professor/innen und Mentor/innen, sondern auch die Schüler und Schülerinnen. Lehren ist Lernen, das habe ich im Umgang mit jungen Menschen von Anfang an erfahren dürfen.

Dies galt für die ersten Jahre meiner Berufstätigkeit in Volksschule und Hauptschule, verbindet sich dann aber wegen der Dauer und Intensität vor allem mit dem Städtischen Mädchengymnasium Essen-Borbeck, dem MGB, dessen Schülerinnen ich zu weiten Teilen als eine Quelle der Lebenskraft und Lebensfreude erleben konnte. Dazu kamen Lehrkräfte, denen ich unbedingt an dieser Stelle der Ehrung meinen Dank aussprechen möchte für Kreativität, Offenheit, Ernsthaftigkeit und Verantwortlichkeit im Bilden und Erziehen der uns anvertrauten Schülerinnen. Unterstützt wurden wir dabei in wichtigen Bereichen von Eltern, die vielfach weit über das normale Maß Projekte gestemmt haben, die eher in die öffentliche Verantwortung fallen. Durch dieses kompetente Dreigestirn – Schülerinnen, Lehrkräfte, Eltern – konnte sich eine Schule entwickeln, die ich nicht müde wurde, als eine gute Schule zu bezeichnen, was von den Lehrkräften, Schülerinnen und Eltern bei meiner Verabschiedung zum humorvoll-augenzwinkernd-fulminanten Theaterstück der „guten Schule“ gestaltet wurde, alle wohl wissend – selbst ich – dass gut noch besser werden kann.

An dieser Stelle meiner Danksagung möchte ich es auch nicht versäumen, der Frau zu gedenken, die als Gründungsschulleiterin nicht nur die ersten fünfzehn Jahre das Mädchengymnasium geprägt hat, sondern sich auch kämpferisch und erfolgreich einer beabsichtigten Umwandlung in eine koedukative Schule in den Weg gestellt hat. Ihr, der verstorbenen Frau Dr. Johanna Lösung, ist sicherlich zu verdanken, dass das Mädchengymnasium Essen-Borbeck in den folgenden Jahrzehnten selbstverständlich – und im schulischen Umfeld nie in Frage gestellt – in seiner Ausrichtung auf die Mädchen blieb. Dies galt für die Leitungszeit meines Vorgängers Herrn Dr. Brodeßer, dem ich an dieser Stelle auch danken möchte für die frühzeitige Einbeziehung in Schulleitungsaufgaben und seine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Ebenso gilt mein Dank meinen Stellvertretern Herrn Rink und Herrn Kurda, die durch ihre Gestaltungsfreude und Organisationsfähigkeit ganz erheblich zur weiteren Entwicklung der Schule beigetragen haben. Meine Arbeit immer unterstützt und mich entlastet hat mein Ehemann Bernhard Rensing, dem ich nicht genügend danken kann für Geduld und Bereitschaft, sich auf meine Bedingungen einzulassen.

Wenn ich diese Auszeichnung heute entgegennehmen darf, so sehe ich mich als Vertreterin dieser besonderen Schule, deren Alleinstellungsmerkmal Ehre und Verpflichtung zugleich bedeutet. Als eine Schule der Vielfalt und Selbstwirksamkeit habe ich das MGB immer gern bezeichnet, auch das ist Anspruch und Aufforderung zugleich: Es gilt, die Besonderheit der jeweiligen Schülerin zu erfassen, ihr viele Möglichkeiten zu geben, sich und ihre Fähigkeiten handelnd zu erproben. Dazu dient der Unterricht, aber auch die Öffnung von Schule, die Kooperation mit unterschiedlichen Institutionen und Unternehmen. Die Mädchen können frühzeitig und selbständig in Bereichen aktiv werden, die die Schule ihnen bietet:

sozialen – z.B. mit dem Projekt des Sozialpraktikums, wo Schülerinnen wöchentlich oder am Stück in den Ferien in einer sozialen Institution arbeiten
wirtschaftlichen – z.B. mit dem JUNIOR-Projekt, wo Schülerinnen ein Jahr lang – sehr erfolgreich – eine Firma führen
naturwissenschaftlichen – z.B. mit ROBERTA, wo Schülerinnen Roboter programmieren und sich für internationale Wettbewerbe qualifizieren.
Das sind nur wenige Beispiele! In allen Fachbereichen und in fachübergreifenden Bereichen – wie seit langem vorbildlich in der Berufs- und Studienwahlorientierung – haben LehrerInnen für und mit den Schülerinnen herausfordernde Projektideen umgesetzt.

Ich halte es für ungemein wichtig, dass den Schülerinnen ein breites Spektrum an Lernherausforderungen geboten wird, damit sie ihre Kompetenzen erkennen und ausbauen.

Hinter diesen Lernangeboten liegt aber noch etwas Entscheidenderes: die Offenheit und Freude der Teilnehmer. Damit komme ich auf die wichtigste Voraussetzung einer guten Schule: Die Lehrkräfte müssen selbst Freude daran haben, etwas Neues anzuregen, sich auf nicht unbedingt schon erkennbar Gesichertes einlassen und diese Unsicherheit so souverän verarbeiten, dass die Schülerinnen wiederum Verlässlichkeit und Ermunterung erfahren bei ihrem erprobenden Tun. Genau diese Grundhaltung konnte ich vielfach am MGB erleben. Mut, etwas Neues zu gestalten, das zeichnet viele Lehrkräfte aus, die trotz Routinearbeit und enervierender bürokratischer Vorgaben noch die Energie haben, das Wagnis der offenen Lernsituation einzugehen. Die Schülerinnen haben davon profitiert – und selbst daraus weitergehend gelernt, indem sie von sich aus Ideen eingebracht und umgesetzt haben. So haben die Schülerinnen, ausgelöst durch die Tsunami-Katastrophe, einen wöchentlichen Helfertag eingerichtet, was bedeutet, dass jeden Freitag Schülerinnen einer jeweils anderen Klasse während der Pausen Brötchen u. ä. anbieten. Der Verkaufserlös geht an aktuelle soziale Zwecke.

Und die Eltern können mit Stolz auf ihre selbständigen, selbstbewussten und erfolgreichen Töchter schauen, so z.B. bei den öffentlichen Präsentationen zu Business at School oder Aufführungen der Musikklassen, des Orchesters und der Chöre. Diese optimistische, freundliche und offene Grundhaltung zeichnet das MGB aus, kennzeichnet den Umgangston und die fruchtbare Zusammenarbeit – bei aller Mühe und Anstrengung, die den schulischen und Erziehungs-Alltag nun einmal ausmacht. Um es mit den Worten einer Lehrerin zu sagen: „Projektideen kosten Kraft, bringen aber auch Kraft, wenn man sieht, wie die Schülerinnen profitieren.“

Schülerinnen profitieren – damit möchte ich nun zu der Verwendung des Preisgeldes kommen, das ich wunderbarerweise entgegennehmen darf:

Es gibt ein neues Projekt am MGB, das von meiner Nachfolgerin Frau Katy Wenning initiiert worden ist und zu dessen Schirmherrin ich gewählt worden bin: das Frauenzimmerprojekt. Auch hier sei gesagt: Vielen Dank liebe Katy für diese Ehre!

Das Projekt Frauenzimmer bedeutet: Fachräume werden nach besonderen Frauen – möglichst aus Essen und Umgebung – benannt und gestaltet. Dieses Projekt hat Charme, Funktion und Wirksamkeit zugleich. Die Mädchen, Schülerinnen der jetzigen Klasse 9c, sind auch schon seit einiger Zeit an der Arbeit: Sie haben für insgesamt 31 Fachräume – von den Computerräumen und naturwissenschaftlichen Räumen über die Sporthallen zu den Räumen des offenen Ganztags und der Mensa – würdige Namensgeberinnen gesucht, diese oder deren Nachkommen kontaktiert und überwiegend ermunternde Zusagen erhalten. Eine erste Präsentation vor der Öffentlichkeit fand im Mai statt. Die Schülerinnen hatten kleine Modelle – in Schuhkartons – der nach ihren Vorstellungen gestalteten Räume erstellt. Sehr selbständig und überzeugend präsentierten sie diese vor der anwesenden Presse. Nun geht es nach und nach an die Umsetzung der Entwürfe. Dabei entstehen Kosten. Mit den 3000 Euro des Preisgeldes kann einiges ermöglicht werden. Ich setze wie immer auf Synergie- und Nachfolge-Effekte: Wo eine beginnt, folgen andere.

In diesem Sinne wünsche ich den Lehrkräften, dass sie auch künftigen Herausforderungen mutig, kreativ und zielorientiert begegnen, die Verantwortung für die Schülerinnen immer in Herz und Kopf.

Dann kann Schule lebendig bleiben – und das ist das MGB – eine lebendige Schule mit einer offenen Atmosphäre.

Sie haben gemerkt: Meine Antwort war eine Laudatio auf das MGB.

Danke allen, die dieser schönen und ehrenvollen Veranstaltung durch ihre Vorbereitung und Teilnahme Glanz gegeben haben.

Noch einmal ganz besonderen Dank der Stifterin Frau Professor Dr. Metz-Göckel für diese Auszeichnung!

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